Cottbus-Lexikon

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Cottbuser Melde Korn

Werbeschild Kniepf-Melde um 1933
Werbeschild Kniepf-Melde um 1933

Im Jahre 1524 verfügt Kurfürst Joachim I. von Brandenburg: „Unsere Meinung und Befehl ist es auch, daß der Rath unserer Stadt Cottbus allein den gebrannten Wein und sonst Niemand verkaufen noch stellen mag.“ 1737 gibt es in Cottbus 127 Brauberechtigte.
Am 15. November 1748 kauft Tuchmacher Mattheus Melde (1697-1767) von dem Kandidaten der Theologie Samuel Ludwig Mühlpfordt für 1.750 Taler in der Spremberger Straße 25 ein Haus mit Brennerei, Malzhaus, Stallung, Hof und Garten. Über den weiteren Fortgang des Gewerbes ist nichts bekannt. Am 3. September 1767 stirbt Mattheus Melde.
Danach wirde seine Frau, Catharina Melde, Eigentümerin des Hauses Spremberger Straße 25 inklusive der Braugerechtigkeit. Bis zum Jahre 1775 wird die Brennerei von ihr weitergeführt.
Im selben Jahr übernimmt Johann Mattheus Melde (1740-1814), ihr jüngstes Kind, das Grundstück und erhält am 24. November 1760 das Bürgerrecht. Er heiratet am 11. Februar 1777 Johanna Dorothea Krüger (1752-1789). Aus dieser ersten Ehe gehen vier Kinder hervor. Aus der am 28. November 1791 geschlossenen zweiten Ehe mit Katharina Sophie Malkwitz (1764-1821) stammen fünf Kinder, darunter Johann August Ferdinand, der für die Firma in Zukunft von großer Bedeutung sein wird. Am 17. Mai 1777 kauft Johann Mattheus zwei weitere Biere. Zu diesem Zeitpunkt besitzt Melde insgesamt elf Biere und zählte zu den Braueigen, die einen bedeutenden Umsatz haben. Im Zeitraum vom 20. August 1783 bis zum 25. Juni 1784 verkauft Melde an die Krüger, Gastwirte und Schänken des Cottbussischen Kreises 76,5 Tonnen Bier. Als im Jahre 1813 Cottbus von französischen und verbündeten Truppen belagert wird, beliefert Johann Mattheus diese mit Branntwein. Er stirbt am 8. Juli 1814.

Das Haus übernimmt Johann August Ferdinand Melde (1797-1865). Am 21. Juli 1823 heiratet er Christine Henriette Lehmann, die jedoch schon acht Jahre später, am 25. September 1831, stirbt. Ein Jahr später schließt er die Ehe mit Karoline Pauline Klingmüller (1812-1880). Aus beiden Ehen gehen elf Kinder hervor. Von allen Mitgliedern der Familie Melde war Ferdinand Melde zweifellos der Bedeutendste. Er gibt die Tuchmacherei auf und widmet sich frühzeitig dem Schankgewerbe.
Im Jahr 1832, nach Einführung der Städteordnung, wird er zum Stadtverordneten gewählt. Das Amt bekleidet er mit kurzen Unterbrechungen bis zu seinem Tod. 1831 sind ein Wohnhaus, die Brennerei, das Hinterhaus und ein Holzstall vorhanden. 1833 wird das Wohnhaus mit dem Seitenflügel von Grund auf massiv neu aufgebaut. Im gleichen Jahr wird ein aus der Gewerbetätigkeit festgehaltener Betrag von 800 Talern genannt. Damit gehört er zu den größten im Schankbetrieb tätigen Gewerbetreibenden. Nach dem Tod von Ferdinand Melde am 19. April 1865 übernimmt sein Sohn Theodor Gustav Melde (1839-1902) das Geschäft.
Nach umfangreichen baulichen Veränderungen und Erweiterungen steigt der Wert des Grundvermögens von Melde im Jahre 1874 auf 30.000 Taler. Gustav Melde, Magistrats- und Logenmitglied, expandiert weiter und ist der größte Brennereibesitzer in Cottbus. Nach 127 Jahren ist die Firma Melde am Ziel. Die Gründe, die Gustav Melde bewegt haben, die alte Firma aufzugeben, sind nicht bekannt. Er hat das Melde-Brennerei-Unternehmen am 1. November 1875 an Schnitter und Kiess verkauft, welche das Geschäft unverändert fortsetzen. Beide neuen Inhaber besitzen keine „fachliche Eignung“. Otto Schnitter, zuvor Pächter einer Brauerei, wird nunmehr zum führenden Kopf der Firma. Richard Kiess, ein Kaufmann, betreut den Vertrieb. Mit dem Verkauf der größten Branntweinbrennerei in der Region beginnt ein neuer Abschnitt in der Geschichte der Fa. „Melde“.

1883 wird die Bezeichnung der Firma „Schnitter & Kiess, Kornbrennerei, Presshefefabrik und Destillation“ in Fa. „G. Melde“ geändert. Drei Jahre später wird das Brennereigebäude in der Spremberger Straße erweitert und ein neuer großer Lagerkeller kommt hinzu. Stadtrat Otto Schnitter stirbt im Jahre 1891. Die Firma wird von seiner Ehefrau Emma Schnitter und Richard Kiess bis zum Jahre 1905 weitergeführt. Am 1. Juli 1905 scheiden nach gütlichem Übereinkommen die bisherigen Inhaber aus der Firma aus und Kurt Schnitter (1877-1931), der jüngste Sohn von Otto Schnitter, tritt als alleiniger Inhaber in dieselbe ein.

Er befasst sich vor Übernahme der Firma hauptsächlich mit der Hefe- und Spiritusfabrikation und erwirbt als Leiter bedeutender gleichartiger Unternehmen im Ausland gründliche fachmännische Kenntnisse. Seine Erfahrungen ermöglichen es ihm, in einer kurzen Zeit aus dem väterlichen Geschäft eine moderne, erstklassige und ausbaufähige Brennerei zu errichten.

Im Jahr 1906 wird das etwa 10.000 Quadratmeter große, mit Bahnanschluss versehene Grundstück Bismarckstraße 22/23, heute August-Bebel-Straße 22/23, erworben. Auf dem Gelände entsteht eine mit modernsten Maschinen ausgestattete Brennerei. Ein Jahr später entstehen außerdem ein großer Getreidespeicher und ein Werkwohnhaus. 1909 wird die Likörfabrikation in der bisherigen Fabrikationsstätte Spremberger Straße resp. Mauerstraße durchgreifend reorganisiert und nach neuesten technischen und wissenschaftlichen Erfahrungen mit modernsten Apparaten ausgestattet.

Am 1. Januar 1909 wird eine Zweigniederlassung in Berlin, Cöpenickerstraße 45, errichtet, die das für die Firma sehr bedeutende Absatzgebiet Groß-Berlin beliefert. Bis zum Jahr 1914 entwickelt sich die Firma Melde überraschend schnell und lässt nicht nur Cottbuser Konkurrenzfirmen hinter sich. Zu dieser Zeit zählt sie auch zu den größten privaten Firmen in Deutschland.

Bald nach Beginn des Ersten Weltkrieges wird das bedeutende Trinkbranntweingeschäft durch Beschlagnahme des Getreides stillgelegt. Die Produktion muss umgestellt werden und es kommt zur Herstellung von Glyzerin, Hefe und Spiritus für technische Zwecke. Zwei Jahre später werden aus Mangel an Getreide Kartoffeln und Rüben verarbeitet. Um die dafür benötigten großen Mengen lagern zu können, entsteht ein Kartoffellagerhaus und die Kartoffelwäsche. Das Speichergebäude wird um zwei Etagen erhöht. Im Jahr 1922 entsteht ein zweites Brennereigebäude nebst Mälzerei. Es werden ein Vakuum-Destillierapparat und eine Wasserdestillationsanlage angeschafft, eine eigene Böttcherei und Korbflechterei gehen in Betrieb.

Am 8. August 1933 schließt Hermann Werner, der Inhaber der „Firma Gustav Kniepf" in Cottbus mit der „Norddeutsche Hefeindustrie A.G." in Berlin und der Firma „G. Melde, Kornbrennerei und Hefefabrik GmbH" in Cottbus einen Vertrag ab. Die „Firma Kniepf" erwirbt das zu dieser Zeit stillliegende Kornbrennerei-Fabrikationsgeschäft nebst Kornbrennrecht sowie das dazugehörige Branntwein-, Likör- und sonstiges Spirituosengeschäft. Alle vorhandenen Rezepte, Arbeitsverfahren, Warenzeichen und sonstigen Schutzrechte werden mit übertragen. Die Nutzung der gesetzlich geschützten Bezeichnung „Melde" durch die „Firma Kniepf" wird vertraglich vereinbart.

Die „Firma Melde", verpflichtet sich sofort nach Inkrafttreten des Kaufvertrages ihre Firma in „G. Melde, Hefefabrik GmbH in Cottbus" zu ändern und gibt die Herstellung und den Handel von Kornbranntwein, innerhalb des deutschen Reiches, zu Gunsten der „Firma Kniepf" auf. Im Gegenzug meldet die „Fa. Kniepf" ihre Hefefabrik ab, nachdem die Genehmigung der Übertragung der im Vertrag genannten Brennrechte durch die zuständigen Behörden erteilt ist. Am 14. Dezember 1933 meldet Herr Werner die Eintragung der Firma „Gustav Kniepf – Melde" mit der Geschäftsadresse in Cottbus, Bismarckstraße 22/23, in das Handelsregister beim Amtsgericht Cottbus an. Bis 1945 werden die Geschäftsbereiche um Weinhandel, Fruchtsaftpresse und Obstweinkelterei erweitert. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kommt die Firma „Gustav Kniepf – Melde" in Cottbus kurzzeitig unter russische Verwaltung.

Bis zur Schließung der Firma im Jahr 1996 erlebt der Betrieb noch viele historische Höhepunkte, die momentan in der Sonderausstellung im Stadtmuseum Cottbus besichtigt werden können.

Quellen: Miller, Alexander: 270 Jahre Cottbuser Meldekorn, Begleitmaterial zur Sonderausstellung. Cottbus 2018.
Bildquelle: Private Sammlung
Autor: Alexander Miller

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