Cottbus-Lexikon

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Enke-Fabrik

Enke-Fabrik 2016
Enke-Fabrik 2016

Die innovative Fabrikarchitektur der Enke-Fabrik im 1872 eingemeindeten Quartier Ostrow zieht bis heute neugierige Blicke auf sich. Der Bau wird 1890 vom Maschinenfabrikanten Viktor Sterz für sein erstes Fabrik- und Verwaltungsgebäude in Auftrag gegeben. Unter Bauleitung von Maurermeister Ewald Schulz entsteht hier ein viergeschossiger, unverputzter Ziegelbau mit flachem Satteldach.

Im Jahr 1900 kauft der 1867 in Hohenmölsen bei Weißenfels geborene spätere Namensgeber Otto Enke das Areal und gründet dort seine Geschäftsbücherfabrik mit Großbuchbinderei und Druckerei.
Dieser Unternehmer gründet zuvor im Jahr 1891 einen kleinen Papierladen in Cottbus, welcher den Grundstock für die Firma Enke darstellt. Dort kann er die Musteraufmachungen der Tuchfabrikanten direkt am Fabrikationsort herstellen. Da diese Arbeit nur zu bestimmten Saisonterminen benötigt wird, ist es ihm gerade recht, dass in der Industrie immer mehr Geschäftsbücher von Nöten werden. Deshalb kauft er das Fabrikgebäude in der Briesmannstraße, um Geschäftsbücher in einer großen Stückzahl produzieren zu können.

Innerhalb weniger Jahre wächst das Unternehmen so stark an, dass der Platz für die Maschinen knapp wird und es kommt 1908 zu einer Ergänzung der Südseite durch ein Eckgebäude, welches bis zum Ostrower Platz reicht. Unter Bauleitung vom Architektur- und Baubüro August Patzelt entsteht dort ein Bau in gotischem Charakter mit roten Verblendklinkern und speziell Burgen- bzw. Stadtbefestigungsarchitektur entlehntem Bauschmuck. Ebenso wird hier erstmals die Eisenbeton-Stahlkonstruktion in Cottbus angewandt. Otto Enke erwirbt 1919 das nördlich angrenzende Gelände des Tuchfabrikanten Robert Förster, welches er 1922/23 bebauen und nur ein Jahr später erneut um sieben Achsen erweitern lässt. Die Bauleitung übernehmen hier die Baugeschäfte Hermann Pabel & Co. sowie das Baubüro August Patzelt. Die Architektur soll diesmal nach dem Vorbild des ersten Bauabschnittes von 1890 gestaltet werden. Grund für diese Erweiterung ist die Lausitzer Landeszeitung, welche seit 1920 ihren Sitz in Teilen der Enke-Fabrik hat und natürlich von der Firma Otto Enke verlegt und gedruckt wird.

Kunden des Unternehmens sind inzwischen die Buchhaltungen fast aller deutschen Großfirmen, Banken und Konzerne. Es wird auch ins Ausland, insbesondere nach Afrika, Kleinasien und Südamerika exportiert. Die hohen, beinahe staubfreien Säle der Fabrik und die ständige Erweiterung und Modernisierung des Maschinenparks sorgen für die hygienisch und technisch beste Arbeitsweise, wodurch jede Art von Bestellung in kürzester Zeit bewältigt werden kann. Die Herstellung und der Vertrieb von Werbegeschenken ist nun ebenfalls zu einem weiteren großen Zweig gewachsen. Das Wahrzeichen der Enke-Erzeugnisse, ein Glück und Gewinn verheißendes vierblättriges Kleeblatt steht außerdem für die Preiswürdigkeit und Güte der Produkte dieses Unternehmens.

Die Fabrik besitzt vor dem Krieg bereits 400 Spezialmaschinen, eine eigene Licht- und Kraftmaschine sowie Schlosserei, Druckerei, Schleiferei, Werkzeugschmiede und Tischlerei. Es werden täglich zehntausende Bücher verschiedener Art neben vielen anderen Drucksachen hergestellt. Da alle Arbeitsschritte von Maschinen durchgeführt werden, kann der Betrieb trotz starkem Arbeitskräfteverlust im Zweiten Weltkrieg weiterhin problemlos existieren.
Nach dem Krieg führt Otto Enke das Unternehmen mit seinem Sohn Kurt bis zu seinem Tod am 3. August 1945 weiter. Es findet die Demontage der Geschäftsbücherfabrik aufgrund von Reparationsleistungen statt.

Otto Enke nimmt wegen seiner Schaffenskraft einen Ehrenplatz in der Geschichte des Geschäftsbuches ein. Der Enke-Brunnen auf dem Rudolf-Breitscheid-Platz in Cottbus erinnert noch heute an den erfolgreichen Unternehmer.
In der DDR wird die Enke-Fabrik vom VEB Starkstrom-Anlagenbau Cottbus genutzt, seit 1990 nutzt keiner der wechselnden Besitzer das Potenzial dieses individuellen Baus und das Gebäude verfällt allmählich. Nachdem sich 2010 die Eigentümerstandortgemeinschaft Ostrow bildet, Wird die denkmalgerechte Sanierung des Komplexes beschlossen. Es sollen hier 49 Wohnungen mit Loftcharakter entstehen. Somit repräsentiert das Gebäude weiterhin einen bedeutenden Teil der Cottbuser Stadtgeschichte.

Quellen:
Ackermann, Irmgarde; Cante, Marcus; Mues, Antja: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Brandenburg. Stadt Cottbus. Mühleninsel, Cottbuser Neustadt und Ostrow. Worms am Rhein 2001. | Sachse, Peter: Soll und Haben von Otto Enke Cottbus. Berlin.

Internetquellen:
http://www.enke-fabrik.de/
https://maerkischer-bote.de/region/158816-158816
https://artefakte.perladesa.de/artefakte_cottbus.htm

Bildquelle:
Fotosammlung Städtische Sammlungen, Fotograf: Udo Bauer

Autor:
Vanessa Schramm

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