Cottbus-Lexikon

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Dreißigjähriger Krieg - Krieg, Krankheit, Hunger und Tod

Mit Schrecken blickte man im November 1618 in den Cottbuser Himmel. Dort sah man seit wenigen Tagen »einen schrecklichen Kometen, der rot und blutfarben war und einen langen Schweif hatte«. Doch nicht nur hier, sondern weltweit wurde er von Astronomen wie Johannes Kepler genauestens verfolgt. Während jene ihn aber für wissenschaftliche Auseinandersetzungen nutzten, wurde er von vielen anderen als Bedrohung, als ein böses Omen, als Ankunft der vier Apokalyptischen Reiter (Krieg, Krankheit, Hunger und Tod) wahrgenommen.

Nur wenig später schien es überdeutlich geworden zu sein, wovon der Komet gekündet hatte: Vom Ausbruch jenes Krieges, der das Heilige Römische Reich für die kommenden drei Jahrzehnte verheeren sollte – dem Dreißigjährigen Krieg. Geführt wurde er im »Reich« zunächst als Religionskrieg zwischen katholischen und protestantischen Territorien. Durch den mehr oder weniger direkten Kriegseintritt anderer Länder wie Frankreich, Dänemark, England oder Schweden nahm der Konflikt alsbald europäische Dimensionen an. Damit wandelte er sich zu einem Territorialkrieg, der weitestgehend auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reiches ausgetragen wurde und zu einer bis dahin ungekannten Zerstörung und Verwüstung führte.

Cottbus blieb hiervon zunächst verschont. Erst ab 1625 wurde die Mark Brandenburg, die sich zwischen den Konfliktparteien nicht eindeutig positionieren wollte, immer stärker in das Kriegsgeschehen miteinbezogen. Da die Mark über kein nennenswertes militärisches Instrument verfügte und zudem geografisch im Zentrum des Konfliktes lag, zogen sowohl verbündete als auch feindliche Truppen von nun an durch das Land und verwüsteten sowie plünderten es gleichermaßen. 1626 hinterließ der Krieg erstmals große Spuren in Cottbus, als sich der Oberbefehlshaber der kaiserlichen Armee Wallenstein mit einem Heer von angeblich 40.000 Mann in der Stadt einquartierte. Da sich die Söldnerheere zu dieser Zeit »aus dem Land« finanzierten und ernährten, wurde die Cottbuser Bürgerschaft durch erhebliche Abgaben belastet. Ein Chronist notierte hierzu, dass »alle Scheunen, Böden und Keller [...] bey dieser fatalen Einquartirung auf einmal völlig leer gemacht« wurden.

Als weitaus folgenreicher erwies sich jedoch ein Übel, das die durch das Reich ziehenden Söldnerheere als Transportmittel nutzte: die Pest. Kurz nach dem Eintreffen von Wallensteins Truppen grassierte eine Epidemie in der Stadt, die zwei Drittel der Stadtbevölkerung das Leben kostete. Auch in den Folgejahren kam es immer wieder zu Pestausbrüchen, welche die Bevölkerung weiter dezimierte. Allein 1632 fanden sich 607 Tote im Sterberegister der Klosterkirche. Kurz nach dem Ende des Krieges 1648 stellte man nach einer Bevölkerungszählung nur noch 243 männliche Einwohner und deren Familien fest.

Auch wenn Cottbus im Vergleich zu anderen Gebieten der Mark Brandenburg deutlich weniger gelitten hatte, führte der Krieg zu einer extremen Veränderung der Bevölkerungsstruktur innerhalb weniger Jahrzehnte, die das Stadtbild massiv veränderte. Es kam durch Plünderung und Geldentwertung, Tod und Krankheit nicht nur zum Abbruch familiärer Kontinuitäten. Auch die städtischen Strukturen sowie der Handel kam nahezu zum Erliegen. Der bewaffnete Konflikt führte auch zu einer erhöhten Mobilität innerhalb der Bevölkerung. Einwohner, die ihre wirtschaftliche Existenz gefährdet sahen, wanderten in andere Gebiete ab. Die freigewordenen Stellen wurden zum Teil durch neue Siedler besetzt, die aus der Nieder- und Oberlausitz sowie aus dem Gebiet um Meißen stammten. Auch einige Soldaten ließen sich nach dem Krieg nieder. Jedoch konnte diese Zuwanderung den immensen Bevölkerungsverlust nicht mindern. Erst 1750 – also 100 Jahre nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges – hatte Cottbus wieder die Einwohneranzahl von 1618 erreicht.

Quellen:
Materna, Ingo; Ribbe, Wolfgang: Brandenburgische Geschichte. Berlin 1995. | Christl, Andreas u.a.: Geschichte der Stadt Cottbus. Cottbus 1990. | Johann Bernoulli's Sammlung kurzer Reisebeschreibungen und anderer zur Erweiterung der Länder- und Menschenkenntniß dienender Nachrichten, Berlin [1783]. | Kamp, Silke: Neuzeitliche Migration in Brandenburg. In: https://blha.brandenburg.de/wp-content/uploads/2017/07/TagbbgOrtsgesch_Hdb_Ms_KampMigration.pdf | Krüger, Gerhard: Die Stadt Cottbus und ihre Bevölkerung nach dem 30jährigen Krieg. Cottbus 1928.

Autor: Paul Fröhlich

Bildquelle: Wallbüchse und Pike aus dem Dreißigjährigen Krieg, (c) Thomas Richert

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