Cottbus-Lexikon

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Deutsche Kolonisation

Radierung des Grabsteins von Adelheid und Fredehelm von Cottbus
Radierung des Grabsteins von Adelheid und Fredehelm von Cottbus

Als am 30. November 1156 Markgraf Konrad von Meißen wenige Wochen vor seinem Tod seine Ländereien aufteilte, tauchte unter den Zeugen des Vorgangs ein »Heinricus Castellanus de Chotibuz« auf. Auch wenn es sich bei diesem »de Chotibuz« lediglich um einen wenig bedeutenden königlichen Burggrafen handelte, so war es dennoch die erste schriftliche Erwähnung der Stadt Cottbus. Dort befand sich westlich der Spree am heutigen Gerichtsberg bereits seit dem 10. Jahrhundert ein Burgwall – zu jener Zeit also, in welcher der hier ansässige slawische Stamm der Lusitzi bzw. der Raum zwischen Elbe und Oder von den römisch-deutschen Königen Heinrich I. und Otto I. unterworfen wurde.

Trotz der Eroberung sollten die Lusitzi noch über einen langen Zeitraum den Großteil der Bevölkerung stellen. Auf diese Weise prägten sie weiterhin den kulturellen und wirtschaftlichen Charakter der Landschaft, während in angrenzenden Gebieten bereits eine Besiedlung aus dem Westen stattfand. Gleichwohl fand jedoch bereits eine erste Überformung durch die Eroberer statt: Die alten slawischen Gottheiten verloren an Bedeutung, während sich die christliche Religion auszubreiten begann – in Cottbus erkennbar an der aus dem 15. Jahrhundert stammenden Klosterkirche.

Erst ab dem 13. Jahrhundert begann eine stärkere, gezielte Kolonisation der Niederlausitz aus unterschiedlichen Teilen des multiethnischen Heiligen Römischen Reiches. So stammten die ersten Burggrafen von Cottbus, zu denen auch Heinricus Castellanus de Chotibuz gehörte, aus der mainfränkischen Adelsfamilie von Kottwitz. Noch immer ziert deren Familienwappen – ein Krebs – das heutige Stadtwappen von Cottbus. Weitaus schwieriger lässt sich die Herkunft der eingewanderten ländlichen und städtischen Bevölkerung erkennen, da aus hochmittelalterlicher Zeit nur wenige schriftliche Quellen zur Geschichte der Niederlausitz existieren. Archäologische Ausgrabungen, die häufig im Vorfeld des allgegenwärtigen Braunkohletagebaus durchgeführt werden konnten, deuten auf sehr uneinheitliche Herkünfte hin. So setzte sich die Bevölkerung vor allem aus den ansässigen Slawen und Siedlern aus den Gebieten des heutigen Thüringens und Sachsens zusammen.

Leider geben die archäologischen Funde kaum klare Aussagen zum konkreten Zusammenleben zwischen den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen. Die späteren wirtschaftlichen und sprachlichen Verdrängungsprozesse gegenüber der slawischen Bevölkerung, die bis in das 20. Jahrhundert verfolgt werden können, lassen jedoch Spannungen zwischen den einzelnen Gruppen vermuten. Dennoch erwies sich die Niederlausitz im Hochmittelalter fraglos als ein Schmelztiegel bzw. als ein sozialer und kultureller Überschneidungsraum unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen.

Quellen:
Materna, Ingo; Ribbe, Wolfgang: Brandenburgische Geschichte. Berlin 1995. | Christl, Andreas u.a.: Geschichte der Stadt Cottbus. Cottbus 1990. | Novel, Werner: Geologische Geschichte der "Merzdorfer Alpen". In: Natur und Landschaft im Bezirk Cottbus 8 (1986). | Heimann, Heinz-Dieter; Neitmann, Klaus; Tresp, Uwe: Die Nieder- und Oberlausitz - Konturen einer Integrationslandschaft. Bd. 1: Mittelalter. Berlin 2013. | Neitmann, Klaus (Hrsg.); Theil, Jürgen (Hrsg.): Die Herkunft der Brandenburger. Sozial- und mentalitätsgeschichtliche Beiträge zur Bevölkerung Brandenburgs vom hohen Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert. Potsdam 2001.

Autor: Paul Fröhlich

Bildquelle: Radierung des Grabsteins von Adelheid und Fredehelm von Cottbus, Thomas Richert

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