Cottbus-Chronik

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 1989  

1989

  • Am 2. Januar 1989 wird das erste "Kaufhallen-Café" in der "Energie-Kaufhalle" in Sachsendorf eröffnet.
  • Bis zum 25. Januar 1989 realisiert die Brigade Korreng vom Wohnungsbaukombinat die Montage des neuen Bettenhauses der Jugendherberge am Klosterplatz, aber erst am 22. November 1989 wird es wiedereröffnet.
  • Mit der Übergabe des 4. Rekonstruktions-Abschnittes am damaligen Bezirkskrankenhaus am 7. Februar 1989 stehen nun die modernisierten Abteilungen Urologie, Schwangerendiagnostik, eine Bettenstation und der Kreißsaal zur Verfügung.
  • Schon zu Beginn des Jahres kommt es zu Diskussionsrunden in den Kirchen. Die Gruppe "Gerechtigkeit" veranstaltet kurz nach dem Staatsbesuch des schwedischen Ministerpräsidenten Olaf Palme am 11. Februar 1989 eine Gesprächsrunde zur UNO-Charta. Diese wird von einem starken Sicherheitsaufgebot, Observation und Überwachung durch die Bereitschaftspolizei begleitet. In den folgenden Wochen und Monaten werden die kritischen Stimmen immer lauter und hörbarer.
  • Jurij Koch signiert am 8. März 1989 seinen neuen Roman "Augenoperation", der im Verlag Neues Leben erschienen ist. Mit diesem Roman wendet sich Koch den sich anbahnenden gesellschaftlichen Umbrüchen zu und sucht nach den sorbischen Traditionen im Alltag. Der Roman bildet die Vorlage für den 1991 gedrehten Film "Tanz auf der Kippe".
  • Angehörige der Kirche "Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage" pflanzen am 25. März 1989 im Grünschutzgürtel Merzdorf-Dissenchen 10.000 Bäumchen. Auch die Arbeitsgemeinschaft Stadtökologie der Gesellschaft für Natur und Umwelt im Kulturbund pflanzt 500 Bäume unter dem Motto "Ein Lebensbaum für mein Land" in Brunschwig und Schmellwitz.
  • Am Wochenende 23.-24. April 1989 werden die beiden 90 Meter langen Hauptteile der östlichen Fahrbahnseite der Bahnhofsbrücke montiert.
  • Dem Bezirkskrankenhaus wird am 27. April 1989 der Name "Wilhelm Pieck" verliehen.
  • Der 2. Mai 1989 steht im Zeichen der Museen. An diesem Tag wird das Niederlausitzer Apothekenmuseum in der alten Löwenapotheke am Marktplatz eröffnet. Heute beherbergt das Brandenburgische Apothekenmuseum, getragen von einem Förderverein, eine der bedeutendsten medizinhistorischen Sammlungen.
  • Am 7. Mai 1989 finden in der DDR Wahlen statt. Bei einer Wahlbeteiligung von 98,77% stimmen angeblich 98,85% für die Kandidaten der Nationalen Front. Wie in zahlreichen anderen Städten der DDR, können auch in Cottbus Manipulationen der Wahlergebnisse nachgewiesen werden. Die Cottbuser Umweltgruppe erstattet am 12.05. eine Anzeige wegen Wahlfälschung gegen Unbekannt. Die Verantwortlichen für die Wahlfälschungen werden später von einem Gericht verurteilt. Aber der Widerstand in der Bevölkerung regt sich, obwohl Partei- und Staatsführung immer wieder auf die Erfolge der Wirtschaft und soziale Leistungen verweisen.
  • Am 24. Mai 1989 wird auf der konstituierenden Sitzung der Stadtverordneten Erhard Müller als Oberbürgermeister einmütig gewählt.
  • Am 1. Juni 1989 wird der erste Geldautomat der Cottbuser Sparkasse in Betrieb genommen, es waren bereits 1.200 Geldkarten ausgegeben worden.
  • Am 3. juni 1989 wird die dritte katholische Kirche in Cottbus-Sachsendorf durch Bischof Bernhard Huhn aus Görlitz geweiht: Die "Edith-Stein-Kriche" besitzt auch ein Gemeindezentrum.
  • In Cottbus werden am 30. Juni 1989 insgesamt 129.224 Einwohner gezählt, das Durchschnittsalter beträgt 33,5 Jahre und die Einwohnerdichte liegt bei 2.571 Menschen je Quadratkilometer.
  • Im Sommer 1989 laufen die Vorbereitungen für die Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der Gründung der DDR auf Hochtouren, aber zahlreiche DDR-Bürger haben sich bereits ins sozialistische Ausland geflüchtet. Nachdem in Ungarn der Eiserne Vorhang gefallen war, flüchten über diesen Umweg zahllose Menschen aus der DDR. In anderen Städten gehen die Menschen auf die Straßen und protestieren gegen Partei und Staatsführung, fordern Reisefreiheit und politische Mitbestimmung ein. Im Juni 1989 finden in der Schlosskirche erste Zusammenkünfte statt. Im August stehen die zunehmenden Umweltprobleme in Veranstaltungen der Lutherkirche auf der Tagesordnung.
  • Am 11.09. wird die DDR-Reformbewegung Neues Forum, am 12. September 1989 die Gruppe Demokratie jetzt und am 07. Oktober 1989 die Sozialdemokratischen Partei in der DDR (SDP) gegründet. Auch in Cottbus sind Vertreter dieser neuen Organisationen und Parteien aktiv.
  • Die Elektrifizierung der Reichsbahnstrecke Lübbenau-Cottbus wird am 20. September 1989 abgeschlossen und die Strecke am 30. September 1989 in Betrieb genommen, am 9. Dezember 1989 folgt der elektrische Zugverkehr auf der Strecke Lindthal-Calau-Cottbus.
  • Der Abriss des denkmalgeschützten Gebäudes Berliner Straße / Mönchsgasse 1 erfolgt am 22. September 1989 Es wird später als Kopiebau wieder aufgebaut, dabei werden die klassizistischen Friese wieder eingefügt.
  • Der Ingenieurhochschule für Bauwesen wird am 4. Oktober 1989 der Status einer Technischen Universität verliehen.
  • In Leipzig versammeln sich am Montag, den 9. Oktober 1989 etwa 70.000 Menschen zur bisher größten Demonstration seit der Gründung der DDR. Die erste Cottbuser Montagsdemonstration beginnt am 30. Oktober 1989 um 17 Uhr vor dem Stadttheater. Mit der Sprecherin des Neuen Forums in Cottbus, Cornelia Jahr, ziehen etwa 30.000 Menschen zur Stadthalle. Sie fordern Veränderungen für einen besseren Sozialismus und neben dem Oberbürgermeister Erhard Müller auch Werner Walde, den 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung, zur Rechenschaft. Auch auf den folgenden Demonstrationen werden freie Wahlen und Reisefreiheit gefordert.
  • Am 2. November 1989 beschloss die Stadtverordnetenversammlung mit 140 gegen 25 Stimmen Untersuchungen zur Wahlfälschung.
  • Öffentlichkeitsabende zur Information mit Vertretern der Parteien, der Stadt und der neuen Gruppierungen finden seit dem 7. November 1989 in der Lutherkirche statt.
  • Nachdem am 9. November 1989 die Grenzen zur Bundesrepublik geöffnet werden, hält der Strom der Übersiedler unvermindert an.
  • Werner Walde tritt am 10. November 1989 von seiner Funktion als 1. Sekretär der Bezirksleitung Cottbus der SED zurück.
  • Am 13. November 1989 wird Hans Modrow zum neuen Ministerpräsidenten der DDR gewählt.
  • Zunehmend richten sich die Proteste der Bürger nun auch gegen die staatlichen Stellen der Unterdrückung und Verfolgung. Am 20. November 1989 finden Demonstrationen vor der Dienststelle der Staatssicherheit am Cottbuser Nordrand statt. Die Demonstranten stellen Kerzen in die Fenster und rufen "Stasi raus".
  • Am 21. November 1989 beginnen die Gespräche zwischen den Regierungen der DDR und der BRD über wirtschaftliche Zusammenarbeit.
  • Im Haus der NVA in Cottbus wird die ZDF-Sendung "Kennzeichen D" mit dem Titel "Was ist die Rolle des deutschen Soldaten?" am 22. November 1989 aufgezeichnet und gesendet. Im Gespräch mit dem Saarländischen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine waren Dirk Sager vom ZDF, der Hausherr Generalmajor Rolf Lehmann, Generalmajor Klaus Naumann, Hansjoachim Willerding von der SED und Steffen Reiche als Sprecher der SPD der DDR.
  • Ein erstes Rundtischespräch mit dem Neuen Forum, der Lausitzer Rundschau und dem Sender Cottbus findet am 27. November 1989 statt.
  • Das Sekretariat des Bundesvorstandes der Domowina tritt am 29. November 1989 zurück.
  • Am 4./5. Dezember 1989 besetzten die Cottbuser Bürger die Bezirksverwaltung der Staatssicherheit und verhindern so die Vernichtung zahlreicher Akten. Sie kontrollieren bis zum 15.01.1990 die Diensträume. Am 17.01.1990 haben alle ehemaligen Mitarbeiter des Amtes für Nationale Sicherheit ihre Büros geräumt.
  • Am 5. Dezember 1989 fand das erste Pressegespräch in der Cottbuser Strafvollzugsanstalt statt.
  • Am 13. Dezember 1989 tritt Oberbürgermeister Erhard Müller zurück. Er war seit 1973 im Amt. Die Stadtverordnetenversammlung wählt Waldemar Kleinschmidt zum neuen Oberbürgermeister. Auf ihn wird nach 12½ Jahren nach den Kommunalwahlen 2002 Karin Rätzel als Oberbürgermeisterin folgen.
  • Auf einer Demonstration am 18. Dezember 1989 werden auch in Cottbus erstmalig Rufe "Deutschland einige Vaterland“ laut.
  • Am 19. Dezember 1989 tagt der erste Runde Tisch in Cottbus im Sitzungssaal des Rathauses im heutigen Knappschaftsgebäude am Schillerplatz. Damit ist ein neues demokratisches Forum entstanden. Unter der Leitung des Generalsuperintendenten Reinhardt Richter sind in diesem Gremium Vertreter der neuen politischen Gruppen und Parteien, der Kirche und des Staates zusammengekommen, um auf einer breiten Basis die weitere Entwicklungen in der Stadt zu sichern. Bis zum 30. Mai 1990 tagt das Gremium regelmäßig und schafft mit seinen Beschlüssen wichtige Grundlagen für eine demokratische Entwicklung in der Stadt.

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